Das Nutzrad ist ein einfaches und solides Fahrrad mit großzügigem Gepäckträger für die alltägliche Nutzung auf kurzen bis mittleren Strecken – ein Arbeitstier, anspruchslos in Unterhalt und Wartung und vom Design so, dass es nicht so gern geklaut wird 😉
- Carla mit Nutzrad im Gespann; finanziert wurde es von der Anstiftung – Herzlichen Dank dafür!! Eingesetzt wird es u.a. für die GartenCoop im Verteilpunkt Zähringen in Freiburg; es ist über Velogistics.net ausleihbar
- der Kippständer in Aktion für platzsparendes Parken oder zur erleichterten Montage am Hinterrad
- Die besondere Rahmengeometrie ermöglicht kleinen…
- …und großen Menschen die Nutzung
Es hat einen klaren Rahmenaufbau in Y-Rahmen-Bauweise. Dieser „One-Size-Rahmen“ ermöglicht einem weiten Verstellbereich. Die Sitzposition ist relativ gestreckt (rechter Winkel zwischen Arme und Rumpf) und mit deutlicher Lenkerüberhöhung für gute Sattelführung und relativ aufrechte Haltung. Beides zusammen ermöglicht einen weiten Nutzbereich für Menschen unterschiedlicher Größe ohne zu große ergonomische Abstriche eingehen zu müssen. Dass dabei ein solcher One-Size-Rahmen für viele sehr kleine bzw. sehr große Menschen aus ergonomischer Sicht zwangsläufig einen faulen Kompromis darstellt, ist auf kurzen bis mittleren Strecken im alltäglichen Stadtverkehr noch unproblematisch. Der Vorteil der Flexibilität in der Nutzung durch verschiedene Personen überwiegt. Trotz relativ tiefem Durchstieg weist der Y-Rahmen eine hohe Stabilität auf.
Das Nutzrad hat einen etwas verlängerten Radstand, um dem Gepäckträger mehr Ladekapazität zu verleihen. Denn für die meisten Fahrten und Transporte braucht es kein großes Lastenrad. Andererseits stößt die Transportkapazität normaler Fahrräder im Alltag häufig an ihre Grenzen. Das Nutzrad soll hier eine Lösung in der Mitte sein. Es hat z.B. die Möglichkeit eine Euro-Normkiste mit 600×400 mm Grundfläche auf dem Gepäckträger zu tragen, was eine unkomplizierte Mitnahme von Transportgut gewährleistet – meist einfacher als zusätzlich anbringbare Satteltaschen. Müssen doch einmal größere Lasten transportiert werden, ist ein großer Fahrradanhänger, wie der Carla Cargo-Anhänger, die richtige Wahl.
Bei der Deutschen Bahn gilt für die Fahrradmitnahme in Zügen, dass ein Fahrrad maximal 2,0 m lang sein und maximal 40 kg wiegen darf. Dadurch ist mensch für die Mitnahme von Lastenrädern auf die Gnade der Zugbegleiter*innen angewiesen – nicht so beim Nutzrad.
Eine relativ einfache Umsetzung des Rahmens in Bezug auf die Fertigung wird durch den Einsatz von unlegierten Rechteckstahlrohren möglich. Eine qualitativ hochwertige und präzise Fertigung ist damit ohne spezielle Rahmenlehren möglich. Ein Schweißtisch bzw. eine ebene Arbeitsfläche ist ausreichend. Auch wenn der Rahmen dadurch vielleicht 100 % schwerer werden würde, wäre das Mehrgewicht des Rahmen absolut vernachlässigbar, insbesondere bei einem Lastenrad.
Zur Verdeutlichung: bei angenommenen 100 kg Gesamtmasse würden 5 kg zusätzlich das Fahrzeug am Berg um etwa 5 % verlangsamen – was unterhalb der Genauigkeit der meisten real gemessenen Werte mit Fahrrad-Tachos liegen dürfte. Dafür ist der Rahmen stabil, einfach zu fertigen, gutmütig von den Materialeigenschaften, langlebig und mit klarer, einfacher Form.
Die Variante mit 20″-Hinterrad hat gegenüber der 26″-Variante den Vorteil einer geringeren Belastung der Schaltnabe bzw. kleineren zur Verfügung stehenden Entfaltungen (Gängen), was bei täglicher Nutzung und hohen Nutzlasten besonders vorteilhaft ist. Zudem kann ein von der Wicklung auf 26 oder 28″-Laufräder ausgelegter Nabenmotor in das 20″-Hinterrad eingespeicht werden, was zwar die Höchstgeschwindigkeit vermindert, aber die Bergtauglichkeit erhöht. Das kleine Hinterrad lässt den Ladungsschwerpunkt nach unten wandern und die Ladekapazität erhöhen.
Das Nutzrad ist einfach aufgebaut, mit soliden Komponenten ausgerüstet und gegebenenfalls motorisiert (Pedelec):
- One-Size-Rahmen in Y-Rahmenbauweise
- 26″ – 26″ (20″ HR)
- 50 mm Ballonreifen, keine Federung
- Nabenmotor (Front oder Heck)
- Hydraulik-Felgenbremsen
- Nabenschaltung
- stabiler Gepäckträger mit Holzplattform und Zweibein-Kippständer (im Rahmen integriert)
Hier ist der Bauplan für eine Version mit 26″/26″ mit 8-Gang-Nabenschaltung und Frontmotor als Pedelec:
Nutzrad_Skizzen20180706.pdf
Nutzrad_Material20180706.pdf
Hier sind einige Bilder mit Hinweisen zum Selbstbau:
- finale Zeichnung des Prototypen
- alles noch Roh..r
- Aussparungen für Tretlagerrohr ausflexen (ebenso für Steuerrohr)
- Gabelschaft verlängern (mit 1″ Rohr als Hülse)
- zugeschnittene Rohre und Anbauteile für Rahmen, Gepäckträger und Kippständer
- Sattelklemmrohr (35×2,0 mm für 31,6 mm Sattelstütze wird mittels 2 mm Distanzblechstreifen in 40×40,1,5 Quadratrohr eingeschweißt
- Kettenstreben werden mit Gepäckträgerausfallenden im richtigen Winkel verschweißt (Achtung: die Kettenstreben sind zu den Ausfallenden leicht verdreht um die Längsachse)
- quadratisch = praktisch, Ober-, Unter- und Sattelrohr werden ohne Schweißlehre auf ebener Fläche gepunktet und verschweißt
- Tretlagerrohr wird eingeschweißt
- Steuerrohr und Sattelrohr sind parallel (Sattelrohr- und Gabelwinkel = 72°)
- Sitz- und Kettenstreben werden verschweißt
- Vereinigung von Hinter- und Vorderbau auf Rahmenlehre (Es ginge auch ohne, aber wenn ich schon eine habe…)
- Achsaufnahmen werden angeschweißt. Eine lange Schiene als Anschlag lässt die Flucht leichter überprüfen
- Hebelzwingen sind hier besonders hilfreich, weil kein Drehmoment genau zu positionierende Teile relativ verschieben lässt
- Querstrebe an Sitzstreben
- Bremssockel mit Cantileveraufnahmen
- Gepäckträgeraufnahme mit Gepäckträgerstreben ausrichten und anschweißen
- Gepäckträgeraufnahme
- Das Sattelrohr sollte 3-4 cm Länger gelassen werden, sodass die fehlende Führung des Fräsers zu Beginn nicht das entgültige Sattelrohr zu weit aufweitet
- Carla mit Nutzrad im Gespann; finanziert wurde es von der Anstiftung – Herzlichen Dank dafür!! Eingesetzt wird es u.a. für die GartenCoop im Verteilpunkt Zähringen in Freiburg; es ist über Velogistics.net ausleihbar
- Die besondere Rahmengeometrie ermöglicht kleinen…
- …und großen Menschen die Nutzung
- Kippständer Funktion A
- Kippständer Funktion B
- Gepäckträger mit Kippständer, Taschenhalter, Anhängerkupplung und der Möglichkeit Personen mitzunehmen oder eine große Kiste/ etc. zu transportieren
- Die Kette läuft frei, sodass unkompliziert auch Zahnriemen verwendet werden können. Das Zugtrum sollte dabei natürlich frei laufen – ohne Kettenrolle. Das ist eine Notlösung, nachdem ich mir die letzte Detailzeichnung sparen wollte und darauf hoffte dass es schon passen würde – nix wars; perspektivisch kommen verstellbare Achsplatten an die höher gesetzten Kettenstreben –> für die Einstellung der Kettenspannung bzw. die Nutzung verschiedener Achstypen
- Die Zugfedern sind noch nicht optimal dimensioniert und provisorisch; Kenndaten gehen in diese Richtung: Federkonstante ca. 4-5 N/ mm, Arbeitsweg > 40 mm, Länge ca. 100 mm
- Solider und unproblematischer Anschlag des Kippständers am Reifen; Das Rad kann dadurch auf dem Kippständer schwer beladen werden
- Die großen Laschen sind für die Arretierung der Gepäcktaschen…
- … sodass auch bei aufgestelltem Rad die Taschen halten
- unkomplizierte und flexieble Rücklichtmontage
- Es ist genug Platz für den Scheinwerfer, sodass nichts kollidieren kann bei großem Einschlag
- Mir ist der modulare, übersichtliche Aufbau wichtig. Die Leitungsführung ist entsprechend gut erreichbar und trotzdem geschützt umgesetzt
- Es wurden einerseits Laschen aus Lochband…
- …und gepunktete U-Scheiben verwendet (insgesamt 5 Stk.)
- Der Controller mit Steckern und überschüssiger Kabellänge ist in einem 70 mm HT Abwasserrohr untergebracht – regengeschützt UND gut belüftet –> Wärmeabfuhr
- der Controller ist noch ein wenig zu erkennen
- Anbringung des Pedalsensors
- Der Abstand zwischen Pedalsensor und Magnetscheibe darf nicht weiter als 3-4 mm betragen –> 1. Punkt bei Fehlersuche im E-Antrieb
- Kettenstrebensteg mit Aluwinkel für Schutzblech
- Kupplung für Carla-Fahrradanhänger. Die Kupplung kann auch als Haltegriff bei der Personenmitnahme dienen
- passende Gabeln sind schwer zu finden; hier musste eine 28″ Gabel passend gekürzt werden; in den Gabelscheiden wurden Hülsen eingeschweißt (Schweißpunkte)
- Nabenmotor mit Getriebe im Vorderrad; Auf ein Hinterradmotor wurde verzichtet, weil sonst die Kombination mit einer Nabenschaltung einen Spezialmotor erfordert hätte; und beim lastentransport ist das knieschonende Runterschalten im Stand besonders wichtig.
- Sattelstützenklemmung
Hier eine ältere Skizze in 26″/20″-Bauweise:
Universalrad_Skizzen_20171024.pdf
Auf Grund seiner Einfachheit kann der One-Size-Rahmen relativ schnell auf individuelle Maße und Proportionen ausgelegt und gebaut werden. Anhand der individuellen Maße (grün) lässt sich der Rahmen entlang der „Konstruktionslinien“ (rot) in Größe und Proportion verändern. Dieser Rahmen wurde auf meine Körpermaße ausgelegt.
Maß 1 = Sitzhöhe
Maß 2 = Sitzlänge
Maß 3 = Lenkerüberhöhung.
Mehr zu Fahrrad-Ergonomie gibt es z.B. bei Patria.
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